Die Anordnung von Zwangsmaßnahmen und Unterbringungen in der Psychiatrie ist eine äußerst komplexe und ethisch anspruchsvolle Angelegenheit, die oft sorgfältige Abwägung und Entscheidungsfindung erfordert. Die Einbeziehung von Schwarmintelligenz und kollektivem Wissen, zum Beispiel wenn Ärztepersonal und Pflegefachpersonen gemeinsam Entscheidungen treffen, kann in der Psychiatrie eine innovative Herangehensweise sein, dafür benötigt es jedoch eine Reform des österreichischen Unterbringungsgesetzes. Für die Einbindung der Pflegefachpersonen in die Entscheidung, ob eine Unterbringung notwendig oder gar eine Zwangsmaßnahme durchgeführt wird, spricht, dass Pflegefachpersonen häufig den therapeutisch engsten und zeitlich intensivsten Kontakt zu den Patient:innen haben, was ihnen eine wichtige Rolle bei der Einschätzung und Beurteilung von Selbst- und Fremdgefährdung verleiht. In Verbindung mit dem Fachwissen des Ärztepersonals kann diese gemeinschaftliche Entscheidungsfindung zu objektiveren und ethisch fundierten Entscheidungen beitragen, insbesondere in Situationen, in denen die Anwendung von Zwangsmaßnahmen und Unterbringungen in Erwägung gezogen wird. Betroffene wissen am besten, welche Zwangsmaßnahme für sie die geringsten traumatischen Auswirkungen hat. Somit führt die Einbeziehung der Patient:innenpräferenz bei der Auswahl, ob eine mechanische Fixierung, Isolierung, oder ein körperliches Festhalten stattfindet zu einer optimierten Schwarmintelligenz.
Die Vorteile der Schwarmintelligenz:
- Vielfalt der Perspektiven: Schwarmintelligenz ermöglicht es, eine breite Palette von Perspektiven und Meinungen in den Entscheidungsprozess einzubeziehen. In einer psychiatrischen Einrichtung können verschiedene Fachleute wie Psychiater:innen, Pflegefachpersonal und Psycholog:innen, unterschiedliche Sichtweisen auf eine Situation haben. Das Zusammenführen dieser vielfältigen Perspektiven inklusive der Betroffenenansicht kann zu fundierteren Entscheidungen führen.
- Risikominderung: Schwarmintelligenz kann dazu beitragen, das Risiko von Fehlentscheidungen zu minimieren. Wenn mehrere Personen an der Entscheidungsfindung beteiligt sind, können sie gemeinsam überlegen, welche Maßnahmen am besten geeignet sind, um die Sicherheit der Patient:innen und anderer Beteiligter zu gewährleisten.
- Ethik und Menschenrechte: Die Anordnung von Zwangsmaßnahmen in der Psychiatrie steht oft im Spannungsfeld zwischen der Notwendigkeit, die Sicherheit zu gewährleisten, und der Achtung der Menschenrechte und der Autonomie der Patient:innen. Die Einbeziehung von Schwarmintelligenz kann dazu beitragen, eine ausgewogene Entscheidung zu treffen, die die ethischen Grundsätze am ehesten respektiert.
- Vermeidung von Voreingenommenheit: Einzelpersonen können voreingenommen sein oder durch persönliche Meinungen, Erlebnissen und Vorurteile beeinflusst werden. Die Zusammenarbeit im Team und die Konsultation mehrerer Fachleute können dazu beitragen, solche Voreingenommenheiten zu erkennen und auszugleichen.
- Verantwortung und Haftung: In Fällen, in denen Zwangsmaßnahmen angewendet werden, ist die rechtliche und ethische Verantwortung hoch. Die Einbeziehung mehrerer Fachleute kann dazu beitragen, die Verantwortung zu teilen und sicherzustellen, dass die Entscheidung auf soliden Erwägungen beruht.
Um in akuten Situationen strukturiert und zielführend sichere ethische Entscheidungen mittels Schwarmintelligenz zu treffen, ist es entscheidend, Schulungen anzubieten, die Ärzten und Pflegefachpersonal die notwendigen Fähigkeiten vermitteln. In solchen Situationen soll durch ein effizientes Assessment eine rasche Entscheidungsfindung ermöglicht werden.